Epipen®
Gut zu wissen
Klinische Informationen
- Anaphylaxie ist eine schwere, lebensbedrohliche systemische Reaktion1
- In den letzten zwei Jahrzehnten ist die Anzahl der Krankenhauseinweisungen mit der Diagnose Anaphylaxie gestiegen1
- Hauptauslöser sind Nahrungsmittel, Arzneimittel und Insektenstiche1
- Bei bis zu 20 % der Fälle wird der Auslöser nicht identifiziert1
Schwere anaphylaktische Reaktionen können Atem- und Herzstillstand verursachen und abhängig vom Auslöser innerhalb einiger Minuten zum Tod führen.1,2
Die mediane Zeit bis zum Atem- oder Herzstillstand beträgt:3
Indikation
EpiPen® (Adrenalin) Autoinjektoren sind für die Notfallbehandlung bei schweren allergischen Reaktionen (Anaphylaxie) auf z.B. Insektenstiche oder –bisse, Nahrungsmittel, Medikamente und andere Allergene, sowie bei idiopathischer oder durch Anstrengung ausgelöster Anaphylaxie.4
Wirkungsweise
Adrenalin ist ein Katecholamin, das das sympathische Nervensystem (sowohl Alpha- als auch Beta-Rezeptoren) stimuliert, wodurch die Herzfrequenz, die Herzleistung und die Koronardurchblutung erhöht werden.4 Adrenalin bewirkt durch seine Wirkung auf Beta-Rezeptoren an der glatten Bronchialmuskulatur eine Entspannung der glatten Bronchialmuskulatur, wodurch Giemen und Dyspnoe gelindert werden.4
Bei Patient:innen mit Anaphylaxie hat Adrenalin eine hochwirksame lebensrettende alpha-1-adrenerge vasokonstriktorische Wirkung auf die kleinen Arteriolen und präkapillären Sphinkter in den meisten Organsystemen des Körpers. Durch die Vasokonstriktion wird die mucosale Schwellung im Larynx reduziert, der Blutdruck steigt und somit wird der Schock verhindert.5
Die Beta-1-adrenergen-Effekte erhöhen die Rate und Kraft der Herzkontraktionen.5 Die Beta-2-Effekte bewirken eine verstärkte Bronchodilatation und eine verminderte Freisetzung von Histamin, Tryptase und anderen Entzündungsmediatoren aus Mastzellen und Basophilen.5
Bei systemischem Geschehen kann das schnelle Erreichen einer hohen Adrenalinkonzentration entscheidend für das Überleben sein.6
Intramuskulär vs Subkutan
Bei Kindern wurde in einer Studie die maximale Plasmakonzentration mit intramuskulären Adrenalininjektionen sehr viel schneller erreicht als bei subkutaner Verabreichung. Die intramuskuläre Injektion erfolgte über den EpiPen®, während die subkutane Injektion über eine Spritze erfolgte.6
Bei Erwachsenen wurde mit EpiPen® intramuskulärer Adrenalininjektion in den Oberschenkel eine numerisch höhere Plasmakonzentration und raschere Absorption in den ersten 30 Minuten von Adrenalin erreicht als mit subkutaner Adrenalininjektion oder intramuskulärer Adrenalininjektion in den Oberarm.7
In Sekunde 1 wurden in einer präklinischen Studie mehr als 95 % des Adrenalins vom Gewebe absorbiert.8 Mit EpiPen® reichen nur 3 Sekunden für eine Adrenalinzufuhr aus.4
Adrenalinzufuhr
Konsistente Adrenalinzufuhr bei Menschen mit unterschiedlichem Haut-Muskel-Abstand (Skin-to-Muscle Distance, STMD)
Die Adrenalinzufuhr über den EpiPen® war bei Personen mit unterschiedlichem Haut-Muskel-Abstand (Skin-to-Muscle Distance, STMD) konsistent.9 Die intramuskuläre Verabreichung von Adrenalin in die Mitte des anterolateralen Oberschenkels (mid-AL) wird gemäß internationalen Leitlinien als Erstlinienbehandlung bei Anaphylaxie empfohlen.9
Der Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Human Use, CHMP) der europäischen Arzneimittelagentur stellte fest, dass mehrere Faktoren Einfluss darauf haben, ob die Zufuhr von Adrenalin in einen Muskel tatsächlich erfolgt. Zu diesen Faktoren gehören die Nadellänge, die Dicke der Fettschicht unter der Haut, die Art und Weise, wie der Autoinjektor funktioniert (Auslösedruck und Federmechanismus), der Winkel, in dem der Pen auf die Haut platziert wird, mit welcher Kraft der Pen ausgelöst wird und wie gut der Anwender oder die Anwenderin die Anweisungen für die Injektion befolgt.10
Insbesondere die zunehmende Adipositas hat Bedenken bezüglich einer möglichen Verringerung der Adrenalinzufuhr bei Menschen ausgelöst, deren Haut-Muskel-Abstand größer als die Nadellänge ist.9,10
Der CHMP kam zu dem Schluss, dass weitere Daten erhoben werden sollten, für ein besseres Verständnis, wie Adrenalin jeweils in das Körpergewebe eindringt, wenn es mit verschiedenen Autoinjektoren verabreicht wird.10 Seine Empfehlung wurde an die Europäische Kommission gesendet, die sie befürwortet und eine rechtlich verbindliche Entscheidung herausgegeben hat, die in der gesamten EU gültig ist.10
Epinephrin*-Verabreichung über EpiPen®-Autoinjektor oder manuelle Spritze bei Teilnehmenden mit großer Bandbreite an Haut-Muskel-Abständen9
Eine offene, randomisierte, in vier Phasen erfolgende Einzeldosis-Cross-Over-Studie prüfte die Unterschiede der PK/Absorption zwischen EpiPen® Autoinjektor nach jeweils einmaliger IM-Injektion in die Mitte des anterolateralen Oberschenkels und der Adrenalingabe per Spritze und zeigte, dass EpiPen® eine höhere Spitzenkonzentration und schnellere Adrenalin Abgabe im Vergleich zur IM-Spritze erzielte.9
Fazit: Die Adrenalinverabreichung mittels EpiPen® erzielte im Vergleich zu einer IM-Spritze eine frühere höhere maximale Exposition gegenüber systemischem Adrenalin.9 Die Adrenalin - Exposition nach Verabreichung mit EpiPen® oder IM-Spritze am mittleren AL-Oberschenkel war ähnlich in STMD-Gruppen.9
Referenzen:
- Muraro A, et al. Anaphylaxis: guidelines from the European Academy of Allergy and Clinical Immunology. Allergy. 2014;69(8):1026-45.
- Simons FE, et al. World Allergy Organization Guidelines for the Assessment and Management of Anaphylaxis. World Allergy Organ J. 2011;4(2):13–37.
- Pumphrey RS. Lessons for management of anaphylaxis from a study of fatal reactions. Clin Exp Allergy. 2000;30(8):1144-50.
- Fachinformation EpiPen® 300mg und 150mg, Stand: Dezember 2023
- Simons FE, et al. Epinephrine and its use in anaphylaxis: Current issues. Curr Opin Allergy Clin Immunol. 2010; 10:354–361.
- Simons FE, et al. Adrenaline absorption in children with a history of anaphylaxis. J Allergy Clin Immunol. 1998;101:33–37.
- Simons FE, Gu X, Simons KJ. Epinephrine absorption in adults: intramuscular versus subcutaneous injection. J Allergy Clin Immunol. 2001;108(5):871-3.
- Baker TW. et al. The TEN study. Time epinephrine needs to reach muscle. Ann Allergy Asthma Immunol. 2011;107(3),235-238
- Worm M, et al Epinephrine delivery via EpiPen® Auto-Injector or manual syringe across participants with a wide range of skin-to-muscle distances (Epinephrin-Verabreichung über EpiPen®-Autoinjektor oder manuelle Spritze bei Teilnehmenden mit einer großen Bandbreite an Haut-Muskel-Abständen). Clin Transl Allergy. 2020;10:21.
- EMA. Better training tools recommended to support patients using adrenaline auto-injectors. (Empfehlung besserer Schulungsmaterialien zur Unterstützung von Patienten bei der Verwendung von Adrenalin-Autoinjektoren) Verfügbar unter: https://www.ema.europa.eu/en/news/better-training-tools-recommended-support-patients-using-adrenaline-auto-injectors Zugriff am: 03. Juni.2024.
EPI-2024-0032-2024-02
Dosierung und Anwendung
- Fachinformation EpiPen 300mg und 150 mg, Stand September 2020
- Gebrauchsinformation EpiPen 300mg und 150 mg, Stand September 2020
Studien und Behandlungsleitlinien
Management der Anaphylaxie1 Erstlinienmaßnahmen: Adrenalin1
- Adrenalin muss allen Patientinnen und Patienten gegeben werden, die eine Anaphylaxie bzw. einen anaphylaktischen Schock erleiden oder die klinische Symptome aufweisen, die sich wahrscheinlich zu einer Anaphylaxie weiterentwickeln werden.1
- Es gibt keine absoluten Kontraindikationen für die Behandlung mit Adrenalin bei Personen, die eine Anaphylaxie erleiden; der Nutzen überwiegt die Risiken bei älteren Menschen und bei Patienten mit einer bestehenden kardiovaskulären Erkrankung.1
Zweitlinienmaßnahmen1
- Der Auslöser einer anaphylaktischen Episode muss beseitigt werden1
- Es muss sofort Hilfe gerufen werden, während der Zustand des Patienten beurteilt wird1
- Patienten, die einen anaphylaktischen Schock erleiden, müssen bei instabilem Kreislauf in Rückenlage mit hochgelagerten Beinen gebracht werden, bei Atemnot in eine aufrechte Sitzposition und bei Bewusstlosigkeit in die stabile Seitenlage.1
Alle Anaphylaxie-Patienten sollten eine High-Flow-Sauerstofftherapie über eine Atemmaske erhalten1
- Patienten mit Kreislaufinstabilität müssen intravenöse Flüssigkeiten (Kristalloide) erhalten (Boli von 10 ml/kg bis zu maximal 500ml pro Bolus), da das Adrenalin ohne Wiederherstellung des Kreislaufvolumens möglicherweise nicht wirkt.1
- Zusätzlich können inhalative kurzwirksame Beta-2-Agonisten verabreicht werden, um die Symptome einer Bronchokonstriktion zu lindern1
Drittlinienmaßnahmen1
- Orale H1- (und H2)-Antihistaminika können die kutanen Symptome der Anaphylaxie lindern1
- Systemische Glukokortikosteroide (GC) können verwendet werden, da sie das Risiko im weiteren Verlauf auftretender Atemprobleme verringern. Hochdosierte vernebelte Glukokortikoide können bei einer Obstruktion der oberen Atemwege von Vorteil sein.1 Das Einsetzen der biphasischen Reaktion ist langsam. Orale und parenterale GC sollten nur gegeben werden, wenn die Erst-und Zweitlinienmedikamente verabreicht wurden.1
- Optional: Die parenterale Verabreichung von Glucagon kann bei der Behandlung von Patienten mit Anaphylaxie hilfreich sein, die nicht auf Adrenalin ansprechen, insbesondere bei Patienten, die Betablocker einnehmen.1
Management der Anaphylaxie1 Überwachung und Entlassung1
- Patienten, mit Beeinträchtigung der Atmung, müssen mindestens 6–8 Stunden lang engmaschig überwacht werden, und Patienten mit Kreislaufinstabilität müssen zumindest 12–24 Stunden lang engmaschig überwacht werden.1
- Vor der Entlassung muss das Risiko künftiger allergischer Reaktionen beurteilt werden. Patienten, bei denen ein Rezidivrisiko besteht, sollte ein Adrenalin-Autoinjektor verschrieben werden.1
- Patienten sollten bei Entlassung ein Hinweisblatt erhalten, das Maßnahmen zur Allergenvermeidung (wo möglich) und Anweisungen zur Verwendung des Adrenalin-Autoinjektors enthält.1
- Es muss eine Nachsorge durch Allergologen und Diätassistenten (bei lebensmittelbedingter Anaphylaxie) organisiert werden.1
- Auch Kontaktinformationen für Patientenselbsthilfegruppen sollten bereitgestellt werden.1
Intramuskuläres Adrenalin als Erstlinienbehandlung der Anaphylaxie wird in allen Leitlinien empfohlen2
Internationale Leitlinien empfehlen Adrenalin-Autoinjektoren (AAIs) für die Verwendung durch nichtmedizinische Personen.1,2,5–8,11
- AAIs sind für die Notfall-/Erste-Hilfe-Behandlung bei Anaphylaxie.7
- AAIs enthalten eine einzelne fixe Dosis Adrenalin, die für eine sicherere schnelle Absorption intramuskulär verabreicht wird.7 Daher ist ein automatischer Adrenalininjektor das bevorzugte Mittel, um eine genaue Dosis zu erreichen.5
- AAIs werden angepasst, damit sie sogar von Kindern verwendet werden können: tatsächlich sind sie für die einfache Anwendung in äußerst stressigen medizinischen Notfallsituationen konzipiert. Behandlungsfehler und versehentliche Nadelstichverletzungen werden auf ein Minimum reduziert.12
- Der Nutzen von AAIs wird auch von den Gesundheitsbehörden allgemein hervorgehoben:
2015 wies die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) auf Adrenalin-Autoinjektoren als potenziell lebensrettende Behandlung bei einer Anaphylaxie (schwere allergische Reaktion) hin, während die Patientin oder der Patient auf notfallmedizinische Hilfe wartet, und gab die Empfehlung an Ärzte aus, 2 Autoinjektoren (wie den EpiPen®) zu verschreiben, die gefährdete Personen jederzeit bei sich tragen sollten.13,14
Abkürzungen
AAI: Adrenalin-Autoinjektor; EKG: Elektrokardiographie; ED: Notfall-Ambulanz; EMA: Europäische Arzneimittel-Agentur; HCP: medizinische Fachkraft; ICU: Intensivstation; IM: intramuskulär; IV: intravenös; PO: per os.
Referenzen:
- Muraro A, et al. Anaphylaxis: guidelines from the European Academy of Allergy and Clinical Immunology. Allergy. 2014;69(8):1026-45.
- Simons FER, et al. World Allergy Organization Guidelines for the Assessment and Management of Anaphylaxis. World Allergy Organ J. 2011;4(2):13–37.
- Ring J, et al. Guideline for acute therapy and management of anaphylaxis. Allergo J Int. 2014;23(3):96–112.
- Campbell RL, Kelso JM. Anaphylaxis: emergency treatment. Aktualisiert (2021). Abrufbar unter: http://www. uptodate. com/contents/anaphylaxis-emergency-treatment. Zugriff am: 03.06.2024.
- Lieberman P, et al. Anaphylaxis--a practice parameter update 2015. Ann Allergy Asthma Immunol. 2015;115(5):341-384.
- NIAID-Sponsored Expert Panel, Boyce JA, Arshad HS, et al. Guidelines for the diagnosis and management of food allergy in the United States: report of the NIAID-sponsored expert panel. J Allergy Clin Immunol. 2010;126(6 Suppl):S1-S58.
- ASCIA Guidelines: 2019 Adrenaline (adrenaline) Autoinjector Prescription. Abrufbar unter: https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/645476/Adrenaline_auto_injectors_in_schools.pdf Zugriff am: 03.06.2024.
- Ebisawa M. Management of Food Allergy in Japan “Food Allergy Management Guideline 2008 (Revision from 2005)”and “Guidelines for the Treatment of Allergic Diseases in Schools”, Allergology International. 2009;58:475-483.
- Simons FE, et al. Epinephrine absorption in children with a history of anaphylaxis. J Allergy Clin Immunol. 1998;101(1):33-7.
- Simons FE, et al. Epinephrine for the out-of-hospital (first-aid) treatment of anaphylaxis in infants: Is the ampule/syringe/needle method practical?. J Allergy Clin Immunol.2001;108(6):1040–1044.
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- Frew AJ. What are the ‘ideal’ features of an epinephrine (adrenaline) auto-injector in the treatment of anaphylaxis?. Allergy. 2011;66(1):15–24.
- European Medicines Agency. Abrufbar unter: https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/ referrals/adrenaline-auto-injectors. Zugriff am: 03.06.2024.
- Guidance on the use of adrenaline auto-injectors in schools. Abrufbar unter: https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/645476/Adrenaline_auto_injectors_in_schools.pdf. Zugriff am: 03.06.2024
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1. Epipen® Fachinformation, Dezember 2023
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